Nachruf

Ein Leben voller Neuanfänge

Wir trauern um Dr. Ursula Beyrodt, die am 25. August 2024 im Alter von 92 Jahren gestorben ist. Dr. Beyrodt wurde am 22. Juni 1932 als Ursula Blankenburg in Küstrin geboren. Ihre Lebensgeschichte wird im ZeitZentrum Zivilcourage erzählt. Wir werden sie als inspirierende, mutige und aufgeschlossene Frau in herzlicher Erinnerung behalten.

Links: Ursula Blankenburg, 1939. Rechts: Dr. Ursula Beyrodt bei der Finissage der Ausstellung „Fremde Heimat“ im Jahr 2015

Ursula Blankenburg wurde am 19. Juni 1932 in Küstrin als zweite Tochter von Erika geb. Centner und dem Amtsgerichtsrat Dr. Fritz Blankenburg geboren. Ihr Vater wurde 1935 als Jude zwangspensioniert. Seine kleine Tochter ahnte nicht, was das für ihn und die Familie bedeutete und freute sich, dass der Vater für sie und ihre ältere Schwester Gisela so viel Zeit hatte. Ursula Blankenburg wurde Ostern 1938 in der Volksschule eingeschult. Nach dem Novemberpogrom im selben Jahr wurde sie gezwungen, auf eine jüdische Schule weit entfernt vom Elternhaus zu wechseln. Wenige Monate nach dem ersten Schulwechsel schickten die Eltern Ursula und Gisela zu ihrem Schutz mit einem Kindertransport nach England. Dort fing Ursula Blankenburg ein drittes mal neu an, diesmal in einer fremden Sprache.

Ursula Blankenburgs Eltern war es klar, dass Fritz Blankenburg als deutscher Jurist im Ausland keine Arbeit finden würde. Sie beschlossen, sich im Gartenbau umschulen zu lassen. Sie wollten versuchen, mit der gesamten Familie nach Palästina auszuwandern. Im April 1941 wurden Fritz und Erika Blankenburg für den Arbeitseinsatz als Gärtner*innen in der Gartenbauschule Ahlem angefordert. Fritz Blankenburg wurde im Februar 1945 von Ahlem nach Theresienstadt deportiert. Er überlebte und kehrte nach der Befreiung nach Hannover zurück.

Ursula und Gisela Blankenburg konnten erst im Januar 1947 zu ihren Eltern in Hannover zurückkehren. Für den erneuten Schulwechsel musste Ursula Deutsch wieder erlernen. Sie machte 1950 Abitur, studierte Jura und wurde als Dr. Ursula Beyrodt die erste Staatsanwältin in Niedersachsen.

In der Liberalen Jüdischen Gemeinde in Hannover engagierte sich Dr. Ursula Beyrodt über viele Jahre. Zum Beispiel gab sie Deutschunterricht für zugewanderte Gemeindemitglieder aus der ehemalige Sowjetuntion.

2015 erzählte Dr. Beyrodt ihre Lebensgeschichte für die Ausstellung der Städtischen Erinnerungskultur: „Fremde Heimat. Rettende Kindertransporte aus Hannover 1938/39“. 2021 wurde ihre Lebensgeschichte ein wichtiger Teil des neu eröffneten ZeitZentrum Zivilcourage.