Karte der klima- und immissionsökologischen Funktionen für die Stadt Hannover
Das Klima einer Stadt wie Hannover unterscheidet sich deutlich von dem einer weitgehend unbebauten Landschaft. Das liegt vor allem an den Veränderungen, die der Mensch durch seine Bautätigkeit (Wohnhäuser, Gewerbe und Industrie, Verkehrsflächen) verursacht, sie wirken sich nachhaltig auf die Boden- und Oberflächeneigenschaften aus. Die Stadt ist gegenüber ihrem Umland wärmer, trockener und windstiller, zwischen den Häuserschluchten kann es allerdings zu heftigen Windböen kommen. Die Dunstglocke über einer Stadt vermindert die Ein- und Ausstrahlung, vor allem die Licht- und Wärmestrahlung der Sonne.
Die Lufttemperatur ist im Stadtklima ein bedeutsames Element für die Ausbildung typischer lokalklimatischer Verhältnisse. Die verschiedenen Bodenoberflächen (Asphalt, Beton, Vegetationsfläche, Wasser) erwärmen sich unterschiedlich stark, die daraus entstehenden Temperaturdifferenzen (in Hannover bis zu 6 Kelvin, wobei ein Kelvin 1 °C entspricht) zwischen benachbarten Flächen führen zu lokalen Luftausgleichsbewegungen. Wärmere Luft steigt auf, kühlere Luft fließt seitlich in die entstehenden Lücken nach (Flurwinde). In Hangbereichen setzt sich abgekühlte und damit schwerere Luft in Richtung zur tiefsten Stelle des Geländes in Bewegung (reliefbedingte Winde). Diese Windsysteme sind vor allem bei austauscharmen Wetterlagen wirksam, die in Hannover in etwa 20 % der Jahresstunden auftreten. Bei windigen und stürmische Wetterlagen treten die bodennahen lokalen Windsysteme nicht oder nur untergeordnet in Erscheinung.
Die aktuell für die Landeshauptstadt Hannover vorliegende Klimaanalyse (Stand 2022) stellt die klimaökologischen Funktionen im Stadtgebiet in einer sehr hohen räumlichen Auflösung (10 m x 10 m Raster) dar. Meteorologische Rahmenbedingung für die modellgestützte Analyse ist das sogenannte „Worst-Case“-Szenario: Eine austauscharme sommerliche Hochdruckwetterlage mit höheren Lufttemperaturen und einer überdurchschnittlich hohen Wärmebelastung in den Siedlungsräumen. Nachfolgend werden drei Karten als Ergebnisse der Klimamodellierungen vorgestellt.
Die Klimaanalysekarte der Landeshauptstadt weist die unterschiedliche bioklimatische Belastung der Siedlungsräume während der Nachtstunden und die unterschiedliche Bedeutung der Grünfläche für die nächtliche Kaltluftproduktion aus. Zwischen diesen Flächen kommt es zu Luftaustauschprozessen unterschiedlich starker Ausprägung und Bedeutung. Die Eindringtiefe der Kaltluft in die Wohngebiete kann – in Abhängigkeit von der Bebauungsstruktur – bis zu 700 Meter betragen. Größere Freiräume wie beispielsweise die Leineaue ermöglichen als Leitbahnen den Transport von Kaltluft in das Stadtgebiet über größere Strecken.
Die Karte Bewertung der Nachtsituation weist u. a. Flächen mit überdurchschnittlicher Wärmebelastung und Durchlüftungsdefiziten aus. Da ein erholsamer Schlaf nur bei günstigen thermischen Bedingungen möglich ist, kommt der Belastungssituation in den Nachtstunden eine besondere Bedeutung zu. Für die Lufttemperatur im Innenraum ist die Temperatur der Außenluft die entscheidende Größe, da ein direkter Zusammenhang zwischen Außen- und Innenraumluft besteht. Für die Bewertungskarte erfolgt die räumlich differenzierte Bewertung der Nachtsituation über den Wärmeinseleffekt. Dargestellt ist die mittlere Überwärmung pro Wohnblock bzw. Gewerbefläche. Die Straßenräume werden separat bewertet. Des Weiteren werden die Grün- und Freiflächen im Hinblick auf ihre bioklimatische Bedeutung bewertet.
Die Karte der Physiologisch Äquivalenten Temperatur (PET) gibt Hinweise auf das thermische Empfinden des Menschen und damit auf die Wärmebelastung im Freien während des Tages. Dabei spielen neben der Lufttemperatur weitere Faktoren wie Luftfeuchte, Windgeschwindigkeit sowie kurz- und langwellige Strahlung eine Rolle. Die Wärmebelastung am Tage wird vor allem über die Verschattung beeinflusst. So sind in der Eilenriede, aber auch im Bereich größerer Baumgruppen von innerstädtischen Grünflächen wie dem Georgengarten günstige Aufenthaltsbedingungen anzutreffen. Die höchste Wärmebelastung tritt im Bereich großer versiegelter Plätze sowie (unbeschatteten) Straßenräume auf.
Die Klimaanalyse für die Landeshauptstadt Hannover bildet eine wichtige Informationsgrundlage für die Stadt- und Freiraumplanung, damit Klimawandel und Klimaanpassung im Sinne einer nachhaltigen Stadtplanung Bestandteil der Planungspraxis werden.